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„Nicht Daten sind der Rohstoff des 21. Jahrhunderts, sondern Vertrauen“

Datenschutz verursacht Datenarmut? Ein Denkfehler!

In welcher digitalen Welt wollen wir leben? So könnte man die grundsätzliche Fragestellung zusammenfassen, die der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Ulrich Kelber, am 30.12.2019 als Gastredner auf dem 36C3, dem 36. Chaos Communication Congress des Chaos Computer Clubs (CCC) in den Raum gestellt und dazu auch gleichzeitig Rede und Antwort gestanden hat.

Als erster Bundesdatenschutzbeauftragter besuchte Ulrich Kelber den Chaos Communication Congress mit einer sehr offenen und klaren Rede.

Der CCC, Deutschlands bekanntester Hacker-Verein, setzt sich seit 1981 für Computersicherheit und Informationsfreiheit ein. Insbesondere das Leben in der Informationsgesellschaft wurde bereits in den 80er-Jahren in Form von aktiver Beratung der damaligen Bundesregierung bei der Schaffung des Datenschutzgesetzes unterstützt. Mittlerweile ist der CCC als Nichtregierungsorganisation mit ca. 7.900 Mitgliedern eine relevante Größe in technischen und ethischen Sicherheitsfragen rund um die IT und wird regelmäßig von der Bundesregierung konsultiert.

Grundlegende Themen wurden angerissen, wie etwa die Bürokratie, die mit dem Datenschutz einhergeht, jedoch nicht Ziel des Datenschutzes sein kann. Auch in Sachen Haftung wurde an die Vernunft appelliert. Beispielsweise wolle man nicht Kleinstbetriebe rechtlich für den Einsatz eines von Haus aus nicht datenschutzsicheren Windows 10 belangen. Jedoch wolle man an dieser Stelle Microsoft in die Pflicht nehmen, den Datenschutz grundlegend in ihren Produkten umzusetzen – ganz im Sinne von Privacy by Default.

Datenschutz: ein Grundrecht

Letztendlich, so Kelber, gehe es beim Datenschutz um die Selbstbestimmung von Individuen, also dem Recht auf persönliche Daten und Informationen. Solche Wertevorstellungen begegnen uns in der EU heute bereits in allen Bereichen und erscheinen uns ganz selbstverständlich. Niemand würde zum Beispiel eine Diskussion anstreben, das Gesetz gegen Kinderarbeit aufzulösen, um anschließend wieder den Kohleabbau mit „kindgerechten“ Stollen kostengünstig zu betreiben und so in diesem Sektor mit Ländern mithalten zu können, bei denen dies praktiziert wird!

So wird es für uns auch selbstverständlich werden, den Datenschutz in der EU von vornherein bei der Produktentwicklung zu berücksichtigen, wodurch sich Produkte und Dienstleistungen aus der EU in ihrer Wurzel von denen der einschlägigen Konkurrenz aus Amerika, China oder Russland in Zukunft abheben werden. In der EU ansässige Unternehmen würden bereits heute weltweit wahrgenommen als ein sicherer Hafen für vertrauensvolle Daten für alle Menschen, denen das wichtig sei, erklärte der Bundesdatenschutzbeauftragte. Besonders im Bereich von Social Media oder Messenger-Diensten wäre eine Verschiebung auf den Europäischen Markt denkbar.

Datenschutz als Chance

Im Rahmen von Digitalisierungsprozessen, die in sämtlichen Unternehmen und sonstigen Organisationen bevorstehen oder bereits in vollem Gange sind, sei es ein Denkfehler, so Kelber, wenn man sich über den Datenschutz beklage, weil man nicht ohne weiteres chinesische oder amerikanische Produkte nutzen oder nachbauen könne. Stattdessen sei es eine große Chance, gerade NICHT den aktuell führenden Konzernen nachzueifern, sondern auf sichere Produkte zu setzen oder diese zu entwickeln.

Es stellt sich die Frage, ob wir es als EU-Bürger zulassen sollten, dass die Lobbyarbeit von Nicht-EU-Staaten bzw. datengetriebenen Geschäftsmodellen wie Facebook oder Google unsere Wertevorstellung eines freien und selbstbestimmten Europas untergraben, indem Datensparsamkeit gleichgesetzt wird mit Datenarmut. Denn genau das Gegenteil ist der Fall! Anstatt auf einen gläsernen und manipulierbaren Bürger hinzuarbeiten, der solchen Unternehmen in die Hand spielt, sollten Politik und Unternehmen in Europa sich mit Produkten abheben, die genau das Gegenteil bieten. Ziel sollte sein, dass die richtigen Daten, zur richtigen Zeit, am richtigen Ort verarbeitet werden und nach angemessener Zeit wieder nachhaltig gelöscht werden.

Aus den Reihen der Hacker-Szene erhielt Ulrich Kelber viel Applaus und ließ es sich am Ende nicht nehmen, unter ihnen scherzhaft Mitarbeiter für seine Behörde zu suchen: „Kommen Sie zu uns, es ist schön, auf der hellen Seite der Macht zu stehen.“

Die Beraterinnen und Berater der ORGATEAM Unternehmensberatung GmbH stehen Ihnen bei sämtlichen Fragen und Belangen rund um das Thema Datenschutz gerne zur Verfügung.